Mandantenbrief 08 2020
5 08-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN VERMIETER Vermietungsverluste: Zur unentgeltlichen Übertragung des Mietobjekts auf Angehörige | Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen sind Vermietungsverluste rückwir- kend nicht mehr anzuerkennen, wenn dem Finanzamt nachträglich Umstände bekannt werden, aus denen sich die bereits bei Abschluss des Mietvertrags bestehende Absicht einer späteren unentgelt- lichen Übertragung des Vermietungsobjekts an den Mieter ergibt. | ◼◼ Sachverhalt Im Streitfall hatte der Kindesvater mit seiner ge- schiedenen Ehefrau (Kindesmutter) vor dem Fa- miliengericht ein Umgangsrecht dergestalt ver- einbart, dass er seinen Sohn in einem wöchent- lichen Rhythmus jedes zweite Wochenende samstags um 10.00 Uhr abholt und sonntags um 16.00 Uhr zurückbringt. Die einfache Entfernung zwischen den Wohnorten betrug 163 km. Ein BEA-Freibetrag für seinen Sohn wurde in den Einkommensteuerbescheiden für 2016 und 2017 nicht berücksichtigt, weil die Mutter beantragt hatte, diesen auf sie zu übertragen. Das Finanz- amt war der Meinung, der vom Vater geltend ge- machte Betreuungsumfang (2016: 45 Tage; 2017: 55 Tage) sei nicht ausreichend. Das Finanzgericht Niedersachsen war da anderer Meinung. Hintergrund: Nach § 32 Abs. 6 Satz 9 Einkom- mensteuergesetz (EStG) scheidet eine Übertra- gung des BEA-Freibetrags aus, wenn der Über- tragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbe- treuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „nicht unwesentlichen“ Betreuung folgte das Finanzgericht Niedersachsen den Grund- sätzen der Rechtsprechung des Bundesfinanz- hofs aus 2017. Danach bestehen grundsätzlich aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jähr- lich durchschnittlich 10 % von einem ausrei- chenden Betreuungsumfang auszugehen. Im Streitfall war zwischen den Beteiligten strit- tig, wie die 10 %-Grenze in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen ist und ob in diesem Zusammen- hang auch Tage voll mitzählen, an denen das Kind nur an einem Teil des Tages betreut wird. Hierzu hat das Finanzgericht zugunsten des Va- ters entschieden. Danach zählen einzelne Betreuungstage auch dann mit, wenn die Betreuungszeit nicht volle 24 Stunden umfasst. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Betreuungszeit – wie im Streitfall – deutlich mehr als 12 Stunden beträgt und damit über reine Besuchszwecke deutlich hinausgeht. Alles andere würde ggf. auf eine stundenge- naue Protokollierung hinauslaufen und damit den vom Bundesfinanzhof verfolgten Vereinfa- chungszweck konterkarieren. Beachten Sie | Selbst wenn der zeitliche Be- treuungsanteil die Wesentlichkeitsgrenze von 10 % unterschreitet, kann sich aus den Um- ständen ergeben, dass der Betreuungsanteil auch in diesem Fall als nicht unwesentlich an- zusehen ist (im Streitfall: große Entfernung zwischen den Wohnorten des Vaters und der Mutter, die die Betreuungszeiten in der Regel auf die Wochenenden, Feiertage und Urlaubs- zeiten beschränkt). MERKE | Eine besondere Form für den Wider- spruch ist nicht gesetzlich festgelegt. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs reicht es für einen wirksamen Widerspruch zumindest aus, wenn der Steuerpflichtige der Übertragung seines BEA-Freibetrags im Zuge eines Ein- spruchs gegen seinen Einkommensteuerbe- scheid widerspricht. Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 19.2.2020, Az. 9 K 20/19, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 215607; FG Niedersachsen, News- letter 4/2020 vom 7.5.2020; BFH-Urteil vom 8.11.2017, Az. III R 2/16
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