Mandantenbrief 06 2020

4 06-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN ALLE STEUERZAHLER Rollstuhlgerechte Umbaumaßnahmen im Garten als außergewöhnliche Belastungen? |  Eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen begründet grundsätzlich eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Mehr- aufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können daher grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein. Doch längst nicht alle Maßnahmen sind steuerlich begünstigt, wie ein Urteil des Finanzgerichts Münster zeigt.  | ◼◼ Sachverhalt Eheleute bewohnen ein in ihrem Eigentum ste- hendes Einfamilienhaus mit Garten. Die Ehefrau leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weshalb für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl er- reicht werden kann. Auf der Vorderseite befan- den sich ursprünglich Beete, die nur durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Eheleute in eine gepflasterte Flä- che umbauen und legten dort Hochbeete an. Die Kosten (ca. 6.000 EUR) machten sie als außer- gewöhnliche Belastungen geltend. Begründung: Die Maßnahme sei medizinisch notwendig gewe- sen. Zudem gehöre der Garten zum existenznot- wendigen Wohnbedarf. Das Finanzamt versagte jedoch den Abzug. Es führte u. a. aus, dass die Möglichkeit, sich im Garten aufzuhalten, den durchschnittlichen Wohnkomfort übersteige. Beachten Sie |  Im Klageverfahren beantragten die Eheleute hilfsweise eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen (= 20 % des in der Rechnung enthaltenen Lohnanteils). Das Finanzgericht Münster hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen. Zwar gehört grundsätzlich auch das Hausgrundstück mit Garten zum existenziell notwendigen Wohnbe- reich. Abzugsfähig sind aber nur solche Aufwen- dungen, die den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach er- möglichen. Und hieran scheiterte es im Streit- fall, weil sich auf der anderen Seite des Hauses bereits eine Terrasse befand, die mit dem Roll- stuhl erreichbar war. Beachten Sie |  Dem Hilfsantrag, für 20 % der Lohnkosten eine Steuerermäßigung zu gewäh- ren, hat das Finanzgericht indes stattgegeben. PRAXISTIPP |  Gegen die Entscheidung ist be- reits die Revision anhängig. Zudem ist ein weite- res Verfahren anhängig, in dem es um Aufwen- dungen für die Beseitigung von Biberschäden im Garten und an der Terrasse eines selbstgenutzten Einfamilienhauses geht. Hier muss der Bundesfi- nanzhof entscheiden, ob bzw. wann eine schwer- wiegende Beeinträchtigung des lebensnotwendi- gen privaten Wohnens vorliegt. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Quelle |  FG Münster, Urteil vom 15.1.2020, Az. 7 K 2740/18 E, Rev. BFH Az. VI R 25/20, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 214250; weiteres anhängiges Verfahren beim BFH: Az. VI R 42/18 VERMIETER Verbilligte Vermietung: Bestimmung der „ortsüblichen Marktmiete“ |  Eine Vermietung zu Wohnzwecken gilt als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüb- lichen Niveaus beträgt. In diesen Fällen erhalten Vermieter den vollen Werbungskostenabzug. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzuteilen. Nach Ansicht des Finanzgerichts Thüringen (Urteil vom 22.10.2019, Az. 3 K 316/19) ist als Vergleichsgrundlage („ortsübliche Marktmiete“) jedenfalls dann nicht der – ggf. günstigere – örtliche Mietspiegel heranzuziehen, wenn der Steuerpflichtige zugleich eine ent- sprechende, im selben Haus liegende Wohnung an einen Dritten (teurer) vermietet. Da gegen diese Entscheidung die Revision (Az. IX R 7/20) anhängig ist, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.  |

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