Mandantenbrief 06 2020

5 06-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN FREIBERUFLER UND GEWERBETREIBENDE Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis |  Eine tarif- bzw. steuerbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis setzt u. a. voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit ent- geltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschäd- lich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist nach einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs auch keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten.  | Neben der Dauer der Einstellung der freiberuf- lichen Tätigkeit sind insbesondere zu berück- sichtigen: „ „ die räumliche Entfernung einer wieder auf- genommenen Berufstätigkeit zur veräußer- ten Praxis, „ „ die Vergleichbarkeit der Betätigungen, „ „ die Art und Struktur der Mandate sowie „ „ die Nutzungsdauer des erworbenen Praxis- werts. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum, der zwischen der Veräußerung der Praxis und der Wiederaufnahme der selbst- ständigen Tätigkeit liegen muss, von etwa zwei bis drei Jahren ausreichend sein. Es ist grundsätzlich unschädlich, wenn der Ver- äußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitar- beiter im Auftrag und für Rechnung des Erwer- bers tätig wird. Auch eine geringfügige Fortfüh- rung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit ist zulässig. Denn der Bundesfinanzhof hat bereits 1991 entschieden, dass die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang unschädlich ist, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten. MERKE |  Eine geringfügige Tätigkeit des Ver- äußerers ist nach Meinung des Bundesfinanz- hofs auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst. Das Bundesfinanzministerium hat hier allerdings eine andere Sichtweise: Die Hinzugewinnung neuer Mandate/Patienten innerhalb der „gewis- sen Zeit“ nach der Betriebsaufgabe ist – auch ohne Überschreiten der 10 %-Grenze – in jedem Fall schädlich, da eine Betriebsaufgabe dann tatsächlich nicht stattgefunden hat. Quelle |  BFH, Beschluss vom 11.2.2020, Az. VIII B 131/19, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 214598; BFH-Urteil vom 7.11.1991, Az. IV R 14/90; BMF-Schreiben vom 28.7.2003, Az. IV A 6 – S 2242 – 4/03 GESCHÄFTSFÜHRER UND GESELLSCHAFTER VON KAPITALGESELLSCHAFTEN Keine Organschaft bei fehlendem Ausweis des Verlustausgleichsanspruchs in der Bilanz |  Eine ertragsteuerliche Organschaft ist an viele Voraussetzungen geknüpft, wie ein Urteil des Finanz- gerichts Schleswig-Holstein verdeutlicht. Danach wird der Gewinnabführungsvertrag nicht tatsächlich durchgeführt, wenn die Organgesellschaft den ihr gegenüber der Organträgerin zustehenden Anspruch auf Verlustübernahme in ihrer Bilanz nicht ausweist. Das soll selbst dann gelten, wenn die Organträge- rin den Verlustbetrag tatsächlich erstattet. Gegen diese Entscheidung ist die Revision anhängig.  |

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