Sonderausgabe zur großen Reform der Grundsteuer

– 3 – Sonderausgabe 01 | 2022 PRAXISTIPP | Die Flächengröße kann in der Regel den bisherigen Einheitswertbescheiden oder den Grundbuchblättern entnommen werden. Die Bodenrichtwerte werden im Regelfall von den Gutachterausschüssen ermittelt, veröffentlicht und an die Finanzbehörden übermittelt. Für die Abgabe der Feststellungserklärung kann der Bodenrichtwert auch über das Internet ermittelt werden. 3.3 Bebaute Grundstücke Bei bebauten Grundstücken sind folgende Grundstücksarten (§ 249 BewG) und nach § 250 BewG folgende Bewertungsverfahren zu unterscheiden: • • Ertragswertverfahren: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum. • • Sachwertverfahren: Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke. Beachten Sie | Nach § 251 Abs. 1 BewG darf der für das bebaute Grundstück anzusetzende Wert nicht geringer sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre. ◼◼ E rmittlung nach dem Ertragswertverfahren jährlicher Rohertrag (§ 254 BewG, Anlage 39 zum BewG) ./. nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG, Anlage 40 zum BewG) = jährlicher Reinertrag (§ 253 Abs. 1 BewG) × Vervielfältiger/Barwertfaktor (§ 253 Abs. 2, § 256 BewG, Anlage 37 zum BewG) = Barwert des Reinertrags (§§ 252, 253 BewG) + abgezinster Bodenwert (§ 257 BewG, Anlage 41 zum BewG) = Grundsteuerwert (§ 252 BewG) Im Sachwertverfahren ist der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert zu ermitteln (§ 258 Abs. 1 BewG). Die Finanzämter werden die Ermittlung in einem automatisierten Verfahren auf Basis der Angaben im Feststellungsverfahren und den zur Verfügung stehenden Daten vornehmen. Auf eine Erläuterung der Regelungen des BewG soll daher verzichtet werden. Vielmehr soll ein Beispiel die generelle Ermittlung zeigen: ◼◼ Beispiel zur Berechnung eines Wohngrundstücks im Ertragswertverfahren Für die Bewertung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks werden dem Finanzamt folgende Angaben mitgeteilt: •Grundstückslage: Gemarkung …, Flur …, Flurstück … •Grundstücksgröße: 850 qm •Bodenrichtwert: 450 EUR/qm •Grundstücksart: Wohngrundstück •Gebäudeart: Einfamilienhaus in Koblenz, Traumstraße 1 •Baujahr: 1996 •Wohnfläche: 120 qm Aus den der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Daten ergibt sich, dass für die Stadt Koblenz die Mietniveaustufe 3 gilt. Der aktuelle Hebesatz wird mit 420 % unterstellt. Eine Verringerung der Steuermesszahl im Zusammenhang mit dem „sozialen Wohnungsbau“ ist ausgeschlossen. Demgemäß ermittelt sich die Grundsteuer auf der Basis der (wenigen) Angaben des Steuerpflichtigen sowie den der Finanzverwaltung durch den Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Daten im Bundesmodell wie folgt: Barwert des Reinertrags Nettokaltmiete Anlage 39 zum BewG 6,15 EUR/qm ×Wohnfläche 120 qm ×Monate 12 = jährlicher Rohertrag 8.856,00 EUR - nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten Anlage 40 zum BewG Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (Anlage 38) 80 Jahre Alter des Gebäudes zum Feststellungszeitpunkt (2022–1996) 26 Jahre Restnutzungsdauer (RND) unter Berücksichtigung der MindestRND von 30 % (= 24 Jahre) 80 Jahre – 26 Jahre 54 Jahre Einschlägiger Prozentsatz (Anlage 40) 21 % Abzugsbetrag - 1.859,76 EUR = jährlicher Reinertrag 6.996,24 EUR × Vervielfältiger Liegenschaftszinssatz in % (§ 256 Abs. 1 Nr. 1 BewG, Vervielfältiger [Anlage 37]) 29,46 = Barwert des Reinertrags 206.109,23 EUR + Abgezinster Bodenwert Grundstücksfläche 850 qm × Bodenrichtwert 450 EUR/qm × Umrechnungskoeffizient Anlage 36 zum BewG 0,87 = Bodenwert 332.775 EUR × Abzinsungsfaktor Anlage 41 zum BewG 0,2636 = Abgezinster Bodenwert 87.719,49 EUR Mindestwertprüfung § 251 BewG Bodenwert 332.775 EUR Prozentsatz für Mindestwert 75 % Mindestwert 249.581 EUR = Grundsteuerwert abgerundet auf volle 100 EUR 293.800,00 EUR × Steuermesszahl 0,31 ‰ = Steuermessbetrag 91,07 EUR × Hebesatz 420 % = Grundsteuer 382,49 EUR

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