Mandantenbrief 03 2020

6 03-2020 MONATS-RUNDSCHREIBEN ARBEITGEBER Gehaltsextras: Günstige Rechtsprechung zur Zusätzlichkeit soll ausgehebelt werden |  Steuerfreie oder pauschalversteuerte Gehaltsextras müssen in vielen Fällen zusätzlich zum ohne- hin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. In drei Urteilen hatte der Bundesfinanzhof dieses Kriterium zugunsten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im vergangenen Jahr neu definiert. Nun soll dieser Rechtsprechung durch ein Nichtanwendungsgesetz der Boden entzogen werden.  | Hintergrund Vielfach ist eine Steuerbegünstigung oder eine Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber nur zulässig, wenn die Gehaltsextras zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Dies gilt z. B. für „ „ den steuerfreien Zuschuss zur betrieblichen Gesundheitsförderung bis zu 600 EUR je Ar- beitnehmer im Kalenderjahr oder „ „ die pauschal zu versteuernden Zuschüsse zu Fahrtkosten für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfi- nanzhofs liegt zusätzlicher Arbeitslohn vor, wenn dieser verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat. ◼◼ Sachverhalt Ein Steuerpflichtiger, der einen Gerüstbaube- trieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 150 qm, wo- von auf ein Zimmer („Arbeiten“) ca. 17 qm entfie- len (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28.9.2016 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer- Jahreserklärung für 2015 (nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen) machte der Steuerpflichtige für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug we- gen der nicht rechtzeitig erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen. Nach den vom Bundesfinanzhof entwickelten Kriterien zur Zuordnungsentscheidung wäre die Sichtweise der Finanzverwaltung zutref- fend. Der Bundesfinanzhof hat aber nun Zweifel ge- äußert, ob diese Sichtweise mit dem Unions- recht in Einklang steht und hat dem Europäi- schen Gerichtshof im Kern zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: „ „ Darf ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen? „ „ Welche Rechtsfolgen hat eine nicht (recht- zeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung? Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof die restriktive deutsche Sichtweise ablehnt, macht ein Urteil aus 2018, in dem es um einen Fall aus Polen ging. Insbesondere folgende Passage ist von Bedeutung: „Auch wenn eine eindeutige und ausdrückliche Bekundung der Absicht, den Gegenstand bei sei- nem Erwerb einer wirtschaftlichen Verwendung zuzuordnen, ausreichend sein kann, um den Schluss zu ziehen, dass der Gegenstand von dem als solchem handelnden Steuerpflichtigen er- worben wurde, schließt doch das Fehlen einer solchen Erklärung nicht aus, dass diese Absicht implizit zum Ausdruck kommen kann.“ Beachten Sie |  In einem weiteren Verfahren, das den Erwerb einer Fotovoltaikanlage durch einen Privatmann betrifft, hat der Bundesfinanz- hof ebenfalls den Europäischen Gerichtshof an- gerufen. Quelle |  BFH, Beschluss vom 18.9.2019, Az. XI R 3/19, unter www. iww.de , Abruf-Nr. 213869; BFH, Beschluss vom 18.9.2019, Az. XI R 7/19, unter www.iww.de , Abruf-Nr. 213872; BFH, PM Nr. 5 vom 30.1.2020; EuGH-Urteil vom25.7.2018, Rs. C-140/17, „Gmina Ryjewo“

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