Sonderausgabe CONORA Pandemie 2020

– 4 – Sonderausgabe 01 | 2020 dem Arbeitgeber verliert. Hier hilft dem Arbeitnehmer unter Umstän- den aber, wie bereits aufgezeigt, § 616 S. 1 BGB in Verbindung mit den Maßnahmen auf der Grundla- ge des IfSG weiter. Ordnet ein Arbeitgeber für seinen Be- trieb z. B. an, dass bestimmte Arbeit- nehmer, die aus einer von einer aktuel- len Epidemie besonders betroffenen Region kommen, dem Betrieb generell fernzubleiben haben, tut er dies (was die Verpflichtung zur Entgeltfortzah- lung angeht, nach den dargestellten Grundsätzen der Betriebsrisikolehre) auf eigene Kosten. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber das Betriebs- oder Unternehmerrisiko zu tragen hat. Sollte einer der von einer solchen Anordnung betroffenen Arbeit- nehmer tatsächlich erkrankt und infolge dieser Erkrankung arbeitsunfähig sein, steht ihm selbstverständlich ein An- spruch auf Entgeltfortzahlung imKrank- heitsfall nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG gegen den Arbeitgeber nach den be- reits aufgezeigten Prämissen zu. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Erkran- kung auf dem Virus, das die Aufregung verursacht hat, beruht oder nicht. 2.5 Das Kind wird krank oder ist infiziert Bei einer Erkrankung des eigenen Kin- des – im Fall einer Virusinfektion gelten hier keine Besonderheiten – haben Ar- beitnehmer nach § 45 Abs. 3 in Verbin- dungmit Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung. Dieser Anspruch kann nicht arbeitsvertraglich ausgeschlos- sen oder eingeschränkt werden. Hier- bei beträgt nach § 45 Abs. 2 S. 1 SGB V die Anspruchsdauer je Kind bis zu 10 Arbeitstage im Kalenderjahr und er- höht sich für Alleinerziehende auf bis zu 20 Arbeitstage. MERKE |  Dieser Anspruch ist aber nach § 45 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 SGB V ausgeschlossen, wenn eine andere im Haushalt lebende Per- son das Kind beaufsichtigen kann. Noch nicht geklärt ist damit die Vergü- tungsfrage dieser Freistellungszeiten. Hier greift ebenfalls die Regelung des § 616 Abs. 1 BGB ein, sodass nach überwiegend vertretener Auffassung für fünf Arbeitstage ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Pflege des er- krankten Kindes nach den oben darge- stellten Grundsätzen besteht und nach diesem Zeitraum gegebenenfalls die Krankenkasse Krankengeld zu gewäh- ren hat. 2.6 Was ist bei Schließungen der Kita? Schließt die Kindertagesstätte bei einer Epidemiewarnung und ist eine ander- weitige Betreuung des Kindes im Ein- zelfall nicht möglich, kann unter Um- ständen für einen verhältnismäßig nicht erheblichen Zeitraum (Richtschnur sind 5 Arbeitstage) ein Anspruch gegen den Arbeitgeber (aus § 616 Abs. 1 BGB) bestehen. Beachten Sie |  Im eigenen Interesse ist hier aber dem Arbeitnehmer anzu- raten, so frühzeitig wie möglich das Ge- spräch mit dem Arbeitgeber zu suchen, um eine einverständliche, für beide Sei- ten angemessene Regelung herbeizu- führen. RESÜMEE |  Für den Arbeitnehmer bleibt festzuhalten, dass er weder bei vom Arbeitgeber noch bei von den zu- ständigen Gesundheitsbehörden an- geordneten Betriebsschließungen um seinen Entgeltanspruch bangen muss. Anders sieht die Situation aus, wenn er sich selbst entschließt, beispiels- weise aus Sorge um die eigene Ge- sundheit, ohne entsprechende Anord- nungen der Behörde oder des Arbeit- gebers der Arbeit fernzubleiben. Ohne einverständlichen Einsatz von Erho- lungsurlaub tut er dies dann auf eige- nes Risiko. 3. Vorsorge-/Notfallpläne Neben den steuerlichen Erleichterun- gen und den arbeitsrechtlichen Fragen müssen sich Unternehmen auch mit or- ganisatorischen Punkten befassen bzw. sollten betriebliche Vorsorge-/Notfall- pläne erarbeitet werden. Die Handwerkskammer Magdeburg empfiehlt hier z. B. die Aufklärung der Arbeitnehmer über die Entstehung und die Symptome der Infektion. Zu- dem sollten (sofern noch nicht erfolgt) verschärfte Hygienemaßnahmen ein- geführt werden, z. B. • • Hände häufig/gründlich waschen, • • Bereitstellen und Nutzen von Des- infektionsmitteln, • • Unterlassen des Händegebens zur Begrüßung, Rechtsstand | 17.3.2020 ↘ ↘ HAFTUNGSAUSSCHLUSS Der Inhalt des Rundschreibens ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie ma- chen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Das Rundschreiben ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung. • • Fernhalten der Hände aus dem Ge- sicht, • • Husten und Niesen in ein Taschen- tuch oder in die Armbeuge, • • regelmäßiges Lüften geschlosse- ner Räume. Ferner sollten Arbeitnehmer darauf hingewiesen werden, dass soziale Kon- takte/Menschenansammlungen (z. B. in der Betriebskantine oder in Pausen- räumen) zu vermeiden sind und die Ab- stände vergrößert werden müssen. So- fern möglich, sollte der Weg zur Arbeit mit dem eigenen Pkw/Fahrrad erfol- gen. Geschäftsabläufe bei Personalausfall oder bei Betriebsschließungen sind zu regeln: • • Wer ist der Vertreter von XY? • • Wer kann/soll z. B. gleiche Maschi- nen und gleiche Software bedienen? • • Verstärktes Einrichten und Nutzen von Heim-/Telearbeit, Telefon-/Vi- deokonferenzen. FAZIT/AUSBLICK |  Die Corona-Pan- demie stellt uns alle vor große Her- ausforderungen. Die Auswirkungen sind noch nicht abzusehen. Sicher dürfte aber sein, dass es weitere steu- erliche und ggf. auch arbeitsrechtliche Maßnahmen geben wird. Ein Schrei- ben des Bundesfinanzministeriums ist dem Vernehmen nach in Arbeit. Über weitere Neuerungen werden wir Sie selbstverständlich in den nächsten regulären Ausgaben informieren. Bis dahin gilt: Bleiben Sie gesund!

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